Verhaltenstherapie

Unter Verhaltenstherapie wird ein psychotherapeutisches Verfahren verstanden, das unmittelbar an den aktuellen Problemen und den gegenwärtigen Lebensumständen des Patienten ansetzt. Im vertrauensvollen Gespräch zwischen Patient und Therapeut werden die Therapieziele gemeinsam formuliert. Gefördert wird die Eigenständigkeit des Patienten. Schwerpunkt der Behandlung ist die aktive Bewältigung der Probleme und das Einüben neuer Handlungsmöglichkeiten. Die Rolle des Therapeuten ist aktiv: er hilft, die lebensgeschichtlich erworbenen Verhaltensmuster zu verstehen und unterstützt die Schritte des Patienten hin zur Veränderung in Denken, Fühlen und Handeln. Als Wissensgrundlage dienen hierzu die Ergebnisse psychologischer Forschung unter Einbeziehung medizinischer Erkenntnisse.

Im Folgenden werden einige wichtige Störungsbereiche genannt, bei denen Verhaltenstherapie zur Anwendung kommt:

  • Depressive Störungen
  • Angststörungen, z.B. Phobien, Panikstörung, soziale Ängste
  • Zwangsstörungen
  • Essstörungen
  • Störungen als Reaktion auf schwere Belastungen
  • Posttraumatische Störungen
  • Somatoforme Störungen
  • Schlafstörungen
  • Suchterkrankungen
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Chronische Schmerzen
  • Sexuelle Funktionsstörungen
  • Störungen der Geschlechtsidentität
  • Körperliche Erkrankungen mit psychischen Begleit- und Folgeerscheinungen
  • Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

Aus verhaltenstherapeutischer Sicht entstehen psychische Symptome zumeist als Lern- oder Anpassungsleistung des Menschen in der Auseinandersetzung mit Entwicklungshindernissen oder belastenden Lebenssituationen.

Verhaltensmuster, die sich in bestimmten Lebensphasen oder kritischen Situationen als hilfreich und nützlich erwiesen und so zu Gewohnheiten oder Einstellungen verfestigt haben, können unter veränderten Lebensumständen nun selbst zum Hindernis für eine angemessene Erfüllung eigener Bedürfnisse oder erfolgreiche Auseinandersetzung mit neuen Anforderungen werden.

Solche als problemstabilisierend erkannten Denk- oder Handlungsmuster können mittels neuer Lernerfahrungen schrittweise durch geeignete Verhaltensweisen ersetzt werden, die es z. B. ermöglichen, Ängste oder andere unangenehme Gefühle besser auszuhalten und sich auf veränderte Bedingungen einzustellen. Je intensiver oder öfter die neuen Handlungen von Erfolgserlebnissen gekrönt sind, desto nachhaltiger werden sie im Gehirn verankert und in vergleichbaren Situationen eingesetzt.

Ausgangspunkt der Verhaltenstherapie ist die Verhaltensanalyse, in deren Verlauf die als problematisch empfundene Situation am konkreten Beispiel detailliert unter die (Zeit-) Lupe genommen und daraufhin untersucht wird, von welchen Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen die eigenen Verhaltensweisen begleitet werden. Neben einer Verfeinerung der Selbst- und Körperwahrnehmung wird damit letztlich angestrebt, die einzelnen Erlebnisebenen von oft bequemen, aber mittlerweile überholten Automatismen zu befreien, um wieder mehr Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu gewinnen und vermeintliche Problemsituationen in offener, kreativer Weise auch als Herausforderungen zu begreifen, die neue interessante Erfahrungen bereithalten können.

Da die Verhaltenstherapie, ihrem Namen gemäß, an den unmittelbar beobachtbaren Erlebens-, Denk- und Verhaltensweisen ansetzt, bedient sie sich neben therapeutischen Gesprächen vieler praktischer Übungen zur Verbesserung der Selbst-, Gefühls- und Körperwahrnehmung, der Selbststeuerung, der Genuss- und Entspannungsfähigkeit, der Konflikt- und Durchsetzungsfähigkeit und anderer Kompetenzen, um den Kreis der verfügbaren Ressourcen schrittweise zu erweitern.